Ist die Zukunft der Mobilität elektrisch?

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Elektromobilität ist ein wichtiges Puzzleteil zum Gelingen der Klimastrategie, aber ist es tatsächlich sinnvoll, „nur“ auf diese Antriebsform zu setzen, welche Faktoren sprechen dafür und wo gibt es Stolpersteine? Darüber berichteten viele Expert:innen beim gut besuchten Forum Elektromobilität im Reithoffer Steyr.

„Mit dieser Veranstaltung ist ein weiterer wichtiger Schritt gesetzt worden, um Anbieter und Anwender in der Region noch stärker zu vernetzen, zu informieren, zu sensibilisieren und Raum für Fragen zu geben“ sagt Bürgermeister Markus Vogl, der den Abend gemeinsam mit Daniela Zeiner (Netzwerkchefin Zukunftsregion Steyr) und Judith Ringer (Verkehrsstadträtin) eröffnete und selbst mit Begeisterung die ausgestellten Produkte wie Scooter und E-bikes testete und sich an den Ständen informierte.

In ihrem Impuls „Nachhaltigkeitsstrategie Steyr 2040 klimaneutral“ berichtete Katrin Auer den Teilnehmer:innen über die bisher erfolgten Schritte seit der Angelobung hin zum Beschluss der Klimastrategie. Den Prozess „Steyr 2040 klimaneutral“ wird Städträtin Katrin Auer gemeinsam mit Gemeinderat Kurt Prack, Roland Raab (Stadtbetriebe Steyr), der PlanSinn GmbH und e7 energy innovation & engineering entwickeln. „Ein wichtiger Schritt zur nachhaltigen Arbeit an den Klimazielen in Steyr ist die Implementierung einer Umweltabteilung im Magistrat Steyr, deren Ziele und Aufgaben gerade definiert werden“ sagt Auer und betont die Bedeutung von „Veranstaltungen wie der heutigen, bei der die Menschen vernetzt werden, uns ihr Wissen zur Verfügung stellen, sich einbringen und miteinander diskutieren können. Wir freuen uns sehr über das große Interesse am Forum Elektromobilität.“ 

Viele neue Projekte wie der Fernwärme-Ausbau, Schlosspark Steyr-Gestaltung, die Erhebung von potentiellen Dachflächen für PV-Anlagen, die Erneuerbaren Energiegenossenschaften und Energiegemeinschaften, eine Machbarkeitsstudie CO²-freie autonome Stromversorgung Brunnenfeld, eine Geothermie-Studie, CASCADE, die Energieraumplanung des Landes OÖ (mit der Stadt Steyr als Modellregion), eine Reallabor Low-Tech Innovations-Lab (mit Steyr als Modellregion für innovative Modellösungen für eine nachhaltige Energie- und Klimazukunft) wurden bereits begonnen, im Juni 2024 wird der vollständige Klimastrategie-Maßnahmenkatalog präsentiert, der bis 2040 umgesetzt werden soll.

Doris Falb und Max Falb-Forsthuber, Trainer:innen des Elektro Mobilitäts Club Österreich und Klima-Kompetenzpartner vom BMK, ließen das Publikum an ihrem Fachwissen zum Thema Elektromobilität teilhaben, informierten über die Leistungen des EMCs und ihre persönliche Motivation, sich für Elektromobilität einzusetzen. „Es gibt viele Möglichkeiten der Elektrifizierung auf unterschiedlichen Sektoren. 100.000 e-Autos bedeuten 74 Mio Liter Öl weniger pro Jahr, diese e-Autos könnten durch 17 Windräder betrieben werden und das nicht nur für ein Jahr. (Quelle enu.at)“ sagt Falb-Forsthuber. „Es macht Spaß, mit einem E-Auto zu fahren, schont die Umwelt und das Geldbörserl“ benennt Doris Falb kurz und knapp viele Gründe für Elektromobilität. "Wir können den Verkehr vermeiden (zB durch online Konferenzen, Homeoffice), verlagern (mehr öffentlich und Rad fahren, zu Fuß gehen...) und verbessern (zB öffentlichen Verkehr ausbauen, Carsharing)“ ergänzt sie die möglichen Strategien für ein besseres, klimaneutraleres Verhalten."

Georg Baumgartner bietet mit seinem „crowddriving“ ein flächendeckendes E-Carsharing an. Die App dazu ist bereits downloadbar, Projektstart noch im November 2022 in Steyr mit der Mission, dieses 2023 österreichweit über ein Franchisesystem auszurollen.

„Wir möchten jedem Interessierten ermöglichen, mit 100 % Ökostrom und einem sauberen, gereinigten Auto mobil zu sein. Gegen einen Unkostenbeitrag von € 10 stellen wir das Auto sogar im Raum Steyr rasch und unkompliziert zu“, sagt Baumgartner.

Helmut Landgraf informierte über die Möglichkeit, eBikes als Dienstfahrrad anzuschaffen und dabei als Anwender von wesentlich günstigeren Anschaffungskosten zu profitieren, im Falle des vorgerechneten Beispiels waren es sogar 32,5 % auf das gekaufte Fahrrad. Bei der Firma Bitter haben dieses Angebot bereits mehr als 10 % der Mitarbeiter:innen genutzt. „Fahrrad fahren macht einfach Spaß“ ist Landgraf überzeugt und hat deshalb, gemeinsam mit Werner Steindl – Stewes Bikeshop in Bruck an der Leitha gegründet und bietet mit der Bitter Mobility, Dienstfahrräder zum Kauf, als auch Informationen zu deren Förderung, am Standort in Sierning an.

Die Mitarbeiter:innen des Unternehmens Tier agieren zu 100 % elektrisch im operativen Bereich. Ziel des Berliner Unternehmens ist es, „die erste und letzte Meile abzudecken“, wie Regionalmanager Martin Skerlan in seinem Impulsreferat erzählte. In der Region Steyr wurden anfangs 80 Scooter installiert, zu Höchstzeiten waren zirka 140 Fahrzeuge in Betrieb, im Winter wird wieder auf 80 reduziert. Das Geschäftsgebiet wurde gemeinsam mit der Stadt definiert und abgesteckt.

„Sehr bald wird es für Verbrennungsmotoren in Innenstädten – vor allem auch in schönen, alten Städten wie Steyr – keine Berechtigung mehr geben“, so Florian Mayrhofer, Geschäftsführer von Steyr Automotive. Er ist davon überzeugt, dass sowohl Events wie dieses Forum für die Bewusstseinsbildung der Menschen, aber auch innovative Unternehmen, die bereit sind, voranzugehen, notwendig sind, um die Zukunft mit alternativen Antriebsformen wie Elektromobilität zu gestalten. „Ab kommendem Jahr bauen wir bei Steyr Automotive ein Fahrzeug für Volta Trucks, das sich perfekt für „die letzte Meile“ eignet – sowohl hinsichtlich seines Elektroantriebes als auch hinsichtlich der besonderen innenstädtischen Sicherheitsanforderungen wie zB ein mittiger Fahrersitz auf gleicher Augenhöhe mit Fußgänger:innen oder Radfahrer:innen“, berichtet Mayrhofer von der nahen Zukunft.

Auch die Stadtbetriebe und Kommunalbetriebe Steyr rüsten auf. „In den nächsten Jahren, spätestens in 10-15 Jahren wird der Fuhrpark der Stadtbetriebe Steyr und Kommunalbetriebe Steyr elektrisch sein, dafür haben wir heute schon die intelligente Ladeinfrastruktur inkl. PV Strom und Energiesteuerungstechnik geschaffen. Dieses Projekt wird vom Bund als Leuchtturmprojekt gefördert.“, erzählt Roland Raab (SBS).

Herwig Denk, Bereichsleiter von ÖAMTC führt an: “Die Zukunft wird multimodal sein, wir werden viel Elektromobilität sehen, aber wir brauchen auch nach wie vor noch die individuelle Mobilisierung aufgrund der Siedlungsstruktur. Es ist essenziell, gute und intelligente Übergänge zwischen öffentlichem und individuellem Verkehr zu schaffen.“ Spannend dazu auch die Anregung vom Jochen Sperrer, einen „Tier-Park“ abzustecken, also für Städte eine Umgebung zu schaffen, die möglichst autofrei genutzt werden kann (zu Fuß / mit Scooter/ Bike) und rundherum große Parkplätze für Anschlussmöglichkeiten zu schaffen.

Bernhard Matschl, Direktor von EMC sieht noch ein großes, offenes Handlungsfeld beim Wohnbau, da die meisten Neubauten noch immer keine standardisierte Lademöglichkeiten für E-Fahrzeuge anbieten. Auch die Kommunen müssen Mut beweisen und Projekte aktiv umsetzen, nicht auf Konzerne warten, welche zwar manches vereinfachen jedoch auch nur aus gewinnorientierten Beweggründen handeln.

Positives allerdings weiß er über die öffentlichen Lademöglichkeiten in Steyr zu berichten: Hier gibt es eine positive Entwicklung bzw. eine steigende Anzahl an leistungsstarken Ladepunkte, mehr Ladepunkte als die meisten vermuten. " Diese sind oftmals nicht so sichtbar gestaltet wie konventionelle Tankstellen mit Überdachung sowie beleuchtete Werbereklamen, das könnte man als Chance sehen eine feinere Integration in die Umgebung zu ermöglichen." Weiters meinte Herr Matschl, "Dass es zu kurz gedacht ist, einfach ein Fahrzeug gegen ein eFahrzeug (BEV) auszutauschen, wir reden immer von einer gesamtheitlichen Mobilitätswende."

„Es war eine sehr runde Veranstaltung“ ist auch Daniela Zeiner, Netzwerkchefin zufrieden und hat schon Pläne für 2023:“ Wir werden diese Plattform auf jeden Fall weiter aktiv halten und es gibt bereits die Überlegung, das Event im Frühjahr anzusetzen, wenn es länger hell ist und den Menschen zu ermöglichen, diverse Elektrofahrzeuge auszutesten und sich zu informieren.“

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